Mit ihrer doppeldeutigen Kampagne #Lippenbekenntnis sorgt das Start-Up The Female Company aktuell für Gesprächsstoff.
Die Kampagne wurde im Zuge der Einlistung ihrer Bio-Tampons in Drogeriemärkten gelauncht. Sie beinhaltet Bildmotive, auf denen jeweils ein senkrecht abgebildeter Frauenmund zu sehen ist, welcher in dieser Darstellung an eine Vagina erinnert. Laut The Female Company ist das Kernziel der Kampagne, das Thema Menstruation zu enttabuisieren.
Die Werbung löst in den sozialen Medien (z.B. Instagram) unterschiedliche Emotionen und Reaktionen aus. Während die einen von dem Mut und der Kreativität beeindruckt sind, fühlen sich andere beim Anblick der Bilder weniger wohl oder empfinden diese sogar als abstoßend.
Bei quantilope haben wir uns gefragt, wie Konsumentinnen auf die provokante Kampagne reagieren und welchen Einfluss diese auf das Markenimage von The Female Company hat.
In einer Ad hoc-Studie haben wir KPIs wie Kaufwahrscheinlichkeit und Sympathie im Pre-Post-Vergleich betrachtet und spontane Reaktionen auf die Bilder erfragt. Um besonders tief in die Köpfe der Konsumentinnen zu schauen, haben wir mit Hilfe impliziter Methoden erfasst, wie The Female Company unbewusst wahrgenommen wird und was mit der Marke assoziiert wird.
Befragt wurden 300 Frauen zwischen 18 und 59 Jahren (in einer für Deutschland repräsentativen Altersverteilung), die Damenhygieneartikel nutzen. Im Idealfall sollte eine solche Studie natürlich schon vor Launch der Kampagne oder in Form eines Trackings stattfinden, um die Werbewirkung zu beobachten und bei Bedarf gezielt und schnell eingreifen zu können.
Geringe Markenbekanntheit: Chance und Risiko zugleich
The Female Company ist mit einer gestützten Bekanntheit von 4% noch eher unbekannt. Nur 1% der Befragten gab an, bereits Damenhygieneartikel der Marke gekauft zu haben. Daher gehen wir davon aus, dass das Markenimage größtenteils durch ihre ersten Kampagnen geprägt ist. Umso wichtiger ist es, mit der passenden Werbung gewünschte Effekte auf Aufmerksamkeit und Markenwahrnehmung zu erzielen.
Polarisierende Wirkung: auf den ersten Blick negative Reaktionen
Offen abgefragte, spontane Reaktionen bestätigen die Vermutung einer stark polarisierenden Wirkung. Während die einen negativ reagierten und Antworten wie „eklig“ oder „abstoßend“ gaben, haben andere sich der Werbung gegenüber neutral („weiß nicht“) oder positiv („super! Gut gemacht“) geäußert.
KPIs wie Kaufwahrscheinlichkeit oder Sympathie mit der Marke deuten auf eine negative Wirkung der Plakate hin. War vor der Darbietung der Werbung ein Großteil der Befragten noch unschlüssig, so gaben nachdem die Werbung gezeigt wurde mehr Konsumenten an, dass es für sie unwahrscheinlich ist, Produkte von The Female Company zu kaufen. Außerdem wurde die Marke nach Betrachtung der Werbung als unsympathischer bewertet.
Unbewusste Wirkung deckt Kampagnenerfolg auf
Mit unseren impliziten Methoden haben wir die Assoziationen der Konsumentinnen erfasst und damit die unbewusste Wirkung der Werbung aufgedeckt. Die Kategorie Damenhygieneartikel wird vor allem mit den emotionalen Motiven Freiheit, Vertrauen und Vernunft verbunden. Für die Kategorie typische Begriffe wie hygienisch, frisch und natürlich werden ebenfalls stark mit Damenhygieneartikeln assoziiert. Etablierte Marken wie o.b. und Always sind sehr ähnlich in den Köpfen der Konsumenten verankert. Auch andere Damenhygienemarken (z.B. die Drogeriemarken Jessa und Facelle) heben sich kaum von der Kategorie ab. Kurz, die Wettbewerber unterscheiden sich praktisch nicht hinsichtlich ihrer Wahrnehmung. The Female Company hingegen sticht, dank ihrer mutigen Kampagne, deutlich heraus. Die Marke wird wenig mit den für die Kategorie typischen Motiven assoziiert und stattdessen vor allem mit Innovation, Offenheit, Kreativität und Fortschritt (Zusammengefasst unter der Dimension Fortschritt). Signifikant hebt The Female Company sich auch in Sachen Nachhaltigkeit und Natürlichkeit ab. Besonders wenig wird sie mit der für die Kategorie prägenden Dimension Vertrauen verbunden. Mit dieser einen provokanten Kampagne schafft The Female Company es, die Assoziationen der Kategorie zu durchbrechen und sich völlig neu zu positionieren. Während es keine relevante Differenzierung zwischen den anderen Wettbewerbern gibt, hebt die Marke sich auffallend stark vom Rest ab.
Motivational Maps: implizite Assoziationen. Links mit der Kategorie Damenhygieneartikel. Rechts mit diversen Marken der Kateogie.
Quelle: quantilope
The Female Company hebt sich deutlich ab
Zusammenfassend zeigt sich insbesondere in den offenen Antworten die polarisierende Wirkung der Kampagne. Die expliziten KPIs weisen auf negative Effekte auf Kaufwahrscheinlichkeit und Sympathie hin. Erst in den impliziten Assoziationen wird die starke und herausstechende Wirkung auf das Markenimage deutlich. Mit ihrem mutigen #Lippenbekenntnis hat The Female Company es als Newcomer geschafft, nicht nur Aufmerksamkeit zu erregen, sondern zusätzlich sich als Marke deutlich vom Wettbewerb abzugrenzen.
Mutige Werbung erregt ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und kann starke Effekte auf das Markenimage haben. Wird die Werbewirkung schon vor Launch einer Kampagne systematisch getestet, können solche Effekte gezielt gesteuert und negative Wirkungen sowie Schlagzeilen vermieden werden.
Vor allem implizite Methoden liefern hier wertvolle und besonders tiefgehende Insights.
Quelle Titelbild: The Female Company